Globe Portrait
GLOBE PORTRAIT
Vier Segmente meines Globes Portrait: Der vergängliche Moment - Die vergängliche Zeit - Geformt durch die Zeit - Vagabunden der Zeit
Der Versuch, die Wirkung der Zeit zu verlangsamen, die Zeit zu interpretieren. Vielschichtig, multidimensional. Mehrerer Bilder in unterschiedlichen Bildebenen überlagern sich zu einer unendlichen Anzahl von Impressionen. Dynamisch, einen Dialog bildend. Die durch eine Fernbedienung ansteuerbaren LEDs, aktivieren die einzelnen Bildebenen und bringen sie zur Interaktion. Das Portrait greift in den Raum, färbt ihn und alles in ihm ein. Interagiert mit dem Betrachter. Fordert den Betrachter auf, zum integralen Bestandteil des Kunstwerkes zu werden. Lässt er dies zu, so verharrt er. Länger, als nur für einen flüchtigen Moment. Eine Verbindung und ein Zeitraum entstehen.
Das Portrait, die Reflektion des Portraitierten durch den Künstler, durch den Betrachter.
Ein kurzer Moment oder mehrere Momente? Gar ein ganzer Zeitraum? Aus dem Leben eines Menschen eingefroren, komprimiert? Ja.
Wiedererweckt durch das Licht. Dynamisch, vielfältig wie der Portraitierte selbst.
Die Unendlichkeit? Die Endlichkeit?
Erkenntnisgewinn!
Der vergängliche Moment
Kurz wie ein Wimpernschlag. Ein kurzes Aufblitzen im Fluss der Zeit. Kaum ist der Moment da, mischt er sich unter die vielen Momente des Zeitraums. Ein kleiner, unendlich kurzer Moment, wie ein Farbtropfen in einem wilden Fluss, dem Fluss des Lebens. Ein kurzes Farbspiel hervorgerufen durch die Energie der Bewegung, dynamisch, unwiederbringlich. Das Portrait der Zeit, des Moments. Der Portraitierte, der Moment, die Zeit an sich.
Die vergängliche Zeit
Ein Zeitraum, 1, 5, 10, 20 oder 30 Jahre. Die Veränderung reduziert auf einige Momente aus dem Leben des Portraitierten. Eingefroren im Portrait. Eine Person, viele Gesichter, viele Persönlichkeiten. Gewachsen durch die Zeit, geformt durch die Zeit.
Der Zeit entwachsen.
Gereift.
Geformt durch die Zeit
Die Skulptur als Portrait. Der Portraitierte: geformt durch die Zeit, seinen Verstand und seine Umwelt. Die Skulptur: gedacht, geformt - urgeformt, umgeformt, erstarrt. Durch den Künstler, den künstlerischen Entstehungsprozess.
Der erstarrte Moment?
Erstarrte Momente?
Die Reduktion des Portraitierten auf einen einzigen Moment oder auf wenige Momente? Komprimiert in einer Skulptur.
Ein bisschen Formung, ein paar Pinselstriche. Eine Evolution.
Zwei Evolutionen, zwei Prozesse. Erstarrt.
Nur die Vorstellung und die Fantasie des Betrachters der Skulptur vermögen die Vielzahl der Prozesse zu erahnen.
Die Vagabunden der Zeit
ColourShots. Wenige Farbstreifen, eine Form. Der Portraitierte, seine Silhouette, ein paar vagabundierende Photonen. Wie Sternschnuppen fallen sie aus dem gebündelten Strahl des Seins, huschen vorbei. Verharren für einen kurzen Moment. Eingefangen in der Skulptur.
Portrait - Das Ringen mit der Endlichkeit
Die vier Zyklen des Globes „Portrait“ haben eines gemeinsam. Sie beschäftigen sich mit der Endlichkeit unseres irdischen Seins.
Ein Gleiten durch Raum und Zeit. Mitunter ein Stürzen, ein Looping, eine Rolle. Die Kapriolen des Lebenswegs bis ans Ende der irdischen Zeit.
Aus diesem Leben eines Menschen. Ein flüchtiger Moment. Der Bruchteil einer Sekunde, Milliarden Photonen reflektiert von der Hülle des Porträtierten. Aufgefangen im Auge des Künstlers, reflektiert und konserviert in einem Kunstwerk. Kombiniert mit Wissen über den Portraitierten? Das Portrait – Der ständigen Veränderung im wilden Fluss des Lebens Einhalt gebietend.
Ruhe. Ruhe? Oder dem künstlerischen Abbild der Hülle Leben eingehaucht. Den Geist des Portraitierten sichtbar gemacht. Anregend – die Aufforderung zum Dialog? Oder das Portrait als Sinnbild für die Vergänglichkeit, die Mahnung der Endlichkeit? Völlig losgelöst vom Portraitierten? Der Portraitierte, die Zeit an sich - Ein Portrait der Zeit. Oder?
Wer ist, wer war der Portraitierte? Anhand des Abbilds der Hülle nicht nachzuvollziehen.
Die, die ihn kennen oder kannten: Für sie ist sein Portrait Gedenken - die Inversion des Vergessens.
Die Illusion der Unsterblichkeit?
Das Portrait – ein Paradoxon?
Ein Paradoxon? Das Paradoxon des Portraits? Die meisten Portraits werden durch einen Künstler geschaffen, der in der Regel nur einen oberflächlichen Bezug zum Portraitierten hat. Wie kann der Künstler das Wesen des Portraitierten einfangen, wiedergeben? Ohne persönliches Verhältnis zwischen Künstler und Portraitiertem unmöglich? Möglich mit besonderen spirituellen Fähigkeiten!? Eher selten.
Der Sehnsucht des Portraitierten nach der Insel der Unsterblichkeit im großen Meer der Vergänglichkeit Raum geben. Der Jagd der Zeit einen Hacken schlagen. Ohne Zeit zu investieren? Zeit gewinnt nur der, der bereit ist Zeit zu geben. Wer Zeit gibt, gewinnt Sie. Nur scheinbar ein Paradoxon.
Muße!
Ganz im Gegensatz zum Paradoxon der Ansprache auf den meisten Totenmessen unserer Zeit. Eine spannende Analogie. Oft eine Ansprache eines Fremden über einen Fremden. Befremdlich. Ohne Tiefe und Liebe. Ein sinnloses Ritual. Der Pfarrer malt ein verbales Bild des Verstorbenen. Die Bildinformation erhält er von einem Angehörigen.
Stille Post.
Ein Portrait ist meist Information in Bild und/oder Wort. Informationen, die immer aus erster Hand kommen sollten. Aus einer intensiven direkten Informationsgewinnung. Der Kommunikation, dem Dialog.
Intensiver Dialog braucht Zeit und Muße. Zeit für die Gedanken, sich zu ordnen und zu setzten, solange bis aus trüben Gedanken, Ideen, ein klares Bild entstehen.
Das Portrait, einfach nur Statussymbol? Insignie der Macht? Manchmal. Auch. Aber: Immer ein Mittel gegen das Verblassen der Erinnerungen. Erinnerungen an eine vergangene Zeit. Ein Art Antibleichmittel gegen das Verbleichen der Erinnerungen, der immer weniger bunten Bilder der Vergangenheit in unseren Köpfen.
Wehmut.
Wehmut ist vielleicht der kleinste gemeinsame Nenner, den alle Portraits teilen. Wehmut, die sie beim Betrachter auslöst. Das Bewusstwerden der Vergänglichkeit.
Erläuterungen des Künstlers zur Installation mit dem Titel: LaetitiaHahn6To24
Die Person, die Laetitia Hahn und mich zusammengeführt hat und somit der Kondensationskeim für dieses Werk war. Eine Art Prolog, der in eine Zusammenarbeit zwischen Laetitia, ihrer Familie und meiner Familie geführt hat. Was wäre das Leben ohne diese Moderatoren, die Künstler des Verbindens?
Laetitia Hahn ein außergewöhnlich begabtes Kind, Musikerin, Komponistin, junge Dame mit großen Ambitionen, wunderbaren Träumen und Phantasien. Eine Reise durch die Musik. Töne werden zu Klängen, Klänge verbinden sich zu Melodien. Eine Vielzahl an Melodien, die sich harmonisch überlagern. Musik.
Die Assoziation von Gedanken, Stimmungen, vielleicht einer Geschichte, die ihre Entsprechung in einer Musiksession oder Musikkomposition suchen. Eine Assoziation von vielen Noten, die sich immer mehr zu einem Ganzen, einem harmonischen Ganzen formen. Wo hat die Kreativität ihren Ursprung? Schlicht und simpel im Gehirn? Ein komplexes Gebilde, über das wir modernen Menschen noch so wenig wissen. Talent, Fleiß, Kreativität? Woher kommen diese Eigenschaften? Sind sie vererbt und Teil unserer DNA? Entstanden aus dem stetigen Dialog der Evolution? Dem Dialog zweier Erbinformationen, gemischt, gereift und geboren als neuer Erdenbürger und durch den selektiven Prozess der Evolution immer weiter optimiert? Sozialisiert und somit durch das soziale Umfeld weiter gereift oder geformt?
Viele Fragen. Die Frage nach dem Sein und dem Sinn im Sein. Eine philosophische Frage. Oder vielleicht, die philosophische Frage schlecht hin. Was macht uns aus? Wer sind wir? Ist unser Tun gut oder schlecht? Eine Frage, die nur schwer zu beantworten ist. Und wie so oft im menschlichen Leben werden die Antworten häufig im religiösen Glauben gesucht. Einem Glauben, der in der Regel nur eine kurze Halbwertszeit besitzt. Anders die Philosophie: sie verbindet Wissenschaft und Ethik. Richtig und falsch? Was ist richtig und was ist falsch? Eine ethische Frage, die keine absolute Wahrheit kennt. Anders als die Wahrheit und deren Inversion – die Lüge -, sie sind eindeutig. Wie der Apfel, der vom Baum fällt und dabei den Gesetzen der Schwerkraft folgt. Wissenschaftlich bewiesen, nachstellbar im Versuch und beliebig oft wiederholbar mit immer dem gleichen Ergebnis. In der Wissenschaft werden aus Annahmen Gesetze, eine objektive Wahrheit.
Welches Handeln ist also richtig oder falsch? Eine Frage, die sich oft erst im Nachhinein beantworten lässt. Eine Antwort, die weder wahr noch gelogen ist. Ein Gefühl, das sich einstellt. Ein gutes oder ein schlechtes Gefühl. War es richtig, so fühlt man sich gut, war es falsch, so fühlt man sich schlecht. Ist das gute oder schlechte Gefühl angeboren oder anerzogen, eine Mischung aus beidem oder eine Interaktion mit einer anderen uns noch unbekannten Dimension?
Die Reduktion der Menschentypen auf einen einzigen Genpool? In meiner Interpretation zum einen die Menschen, deren Motivation die Liebe, Wahrheit und Erkenntnis ist, und zum anderen, deren Motivation aus Macht Sex und Geld besteht. Dazwischen unzählige Facetten. Viele Menschen fühlen sich berufen. Von einer höheren Macht berufen. Gibt es diese Berufung oder ist sie Trugbild und fehlgeleiteter Glaube? Viele der schlimmsten Kriegstreiber fühlten sich berufen. Eine Frage der Motivation.
Laetitia fühlt einen inneren eher autonomen Drang, ihre musikalischen und kompositionellen Talente zu entwickeln. Sie sind zu ihrem Lebensmittelpunkt geworden. Ihre Motivation ist die Liebe zur Musik gestützt durch die Liebe in ihrer Familie. Sie ist sich sicher, sicher den richtigen Weg zu gehen. Die kindliche Unbedarftheit? Nein, eine in sich ruhende Sicherheit und Selbstvertrauen. Klarheit.
Wie wird sich das Leben von Laetitia, jetzt da sie gerade 18 Jahre alt geworden ist, weiterentwickeln? Wie wird der Fluss der Zeit sie formen und durch sie geformt werden? Wie werden Rückschläge von ihr absorbiert oder reflektiert werden? Wie werden diese und andere Lebenseinflüsse sich in ihrem Gesichtsausdruck widerspiegeln? In dem Portrait von Laetitia Hahn versuche ich, eine Extrapolation der Zukunft darzustellen. Eine Deutung der Zukunft und eine Reflektion der Vergangenheit.
Warum kann der Vogel ein Nest bauen, ohne es zu lernen? Warum kann er fliegen, ohne es zu lernen? Komplexe Vorgänge, die nahelegen, dass es irgendwo eine Software für alle Lebewesen gibt. Wo sie verortet ist, ist unbekannt. Ist diese Software ein Teil unseres Erbgutes und in unserer DNA enthalten? Entspringt sie einer uns bislang unbekannten Dimension? Einer „göttlichen“ Dimension?
Viele Fragen, die mir in der Entstehungsphase zu dem Portrait von Laetitia Hahn durch den Kopf gegangen sind. Woher kommt ihr unglaubliches Talent? Die spielerische Leichtigkeit, mit der ihre Finger die Tastatur des Klaviers in Bewegung versetzten und so ausdrucksstark die Klänge, die unmittelbar folgen. Wohin wird ihre musikalische und nicht musikalische Lebensreise gehen? Viele Fragen, die nach einer Antwort suchen. Die nach einer Ordnung suchen. Die in einem Kunstwerk versucht werden zu deuten. Eine Interpretation eines Menschen – ganz analog zur Interpretation eines Musikstückes von Mozart oder Liszt. Die Interpretation des Ungeschriebenen, der Dimension, die die aufgeschriebenen Noten umgibt wie ein unsichtbarer Raum. Gefüllt durch den Geist von Laetitia Hahn.
Eine künstlerische Interpretation in Form eines Portraits. Ein stark komprimiertes und vereinfachtes Abbild eines sehr besonderen und natürlich auch komplexen Menschen. Der Versuch, mehr als nur das Abbild einer Person darzustellen.
In der Skulptur mit dem Motiv von Laetitia Hahn befindet sich um ihren Kopf ein Notenwirbel. Noten, die als synonym für Klänge stehen. Klänge, die anfangs noch ungeordnet sind und erst durch die geistige Transformation in Laetitias Kopf eine Ordnung erfahren. Ein eingehender Notenwirbel und ein ausgehender Notenwirbel. Dazwischen die Transformation. Geordnete Töne im Fluss der Zeit. Im Mittelpunkt das Gesicht von Laetitia. Der Kopf, in dem diese wunderbare Klangwelt entsteht. Mehrere Bilder überlagern sich zu einer Vielzahl an Gesichtsausdrücken in verschiedenen Alters- und Lebensphasen. Meine Interpretation von Laetitia.
Die Noten in den musikalischen Gedankenwirbeln symbolisieren Töne. Noten, die wie Klangtropfen auf die Oberfläche der Skulptur fallen und sie in eine akustische Schwingung versetzen. Die Skulptur ist wie eine Lautsprechermembran eines Musiklautsprechers geformt. Die Membran zwischen den Welten, der Wandler. Die Umwandlung von Ideen in Töne, von Ideen in Licht, bidirektional. Die Musikmembran auch eine Analogie zum Trommelfell, ein Wandler von Tönen zu Gedankentönen. Die Licht-Membran, eine Analogie zur Netzhaut des Auges, dem Wandler von Licht zu Gedankenbildern. Bilder und Klänge erzeugen Wellen wie Regentropfen, die in einen See fallen. Der Tropfen ist vergangen, die Wellen, die er erzeugt, schwingen weiter und hallen nach.
Die Installation.
Der Dialog von Laetitias Klavierspiel mit der Skulptur. Mit einem Kunstwerk, das als Musik-Licht-Wandler über große Schläuche mit dem Klavier verbunden ist. So als würden die Klänge aus dem Klavier durch diese Leitungen in die Skulptur geleitet und hier in Licht umgewandelt werden. Die Analogie zu einem HIFI-Lautsprecher und den Kabeln, die zu einer Musikanlage führen, ist bewusst gewählt. In Zeiten unserer digitalen Welt, wo alles ständiger Transformation unterliegt, eine spannende Analogie. Das Speichern von Informationen, die Weitergabe und die Umwandlung sind im Zeitalter des Internets allgegenwertig, nicht aber unbedingt bewusst in den Köpfen der Menschen. Google, Apple, etc.
So gerne höre ich Musik mittels Spotify. Ohne die oben genannten Transformationen nicht möglich. Was Spotify, das Internet und die besten Lautsprecher jedoch nicht vermögen, ist der Dialog des Publikums mit den Künstlern auf einer echten, realen Bühne.
Zu guter Letzt, was macht gute Kunst aus? Gibt es einen kleinsten gemeinsamen Nenner für gute Kunst? Für mich schwingt gute Kunst in den Köpfen des Betrachters oder des Zuhörers lange nach. Sie regt an und erzeugt eine harmonische Resonanz.